Methoden und Verfahren für zustandsbasierte Manöveranzeigen in der Schiffsführung

Bearbeiter:
Dr.-Ing. Michael Gluch
Dipl.-Ing. Sandro Fischer
Dipl.-Ing. Matthias Kirchhoff

Laufzeit:
01.04.2006 - 31.03.2009

Das Projekt ZuMANZ ist Teil des Wachstumskerns Maritime Safety Assistance als Rostocker Forschungs-Industrie-Bündnis. Das gemeinsame Ziel des Bündnisses ist die Entwicklung und Vermarktung von Assistenzsystemen für den sicheren Seetransport.

Durch die im Rahmen dieses Projektes zu erarbeitenden Methoden und Verfahren zur Anzeige zu erwartender Bewegungszustände von Schiffen sowie der wissenschaftlichen Konzipierung eines komplexen Manöveranzeigesystems werden die beim Antragsteller vorliegenden Kompetenzen mit den am Gesamtprojekt beteiligten Partnern und deren Kompetenzen und Potenzialen vereint und gebündelt. Im gemeinsamen Interesse wird das Innovationsfeld "Intelligente Beratung der Schiffsführung" bearbeitet

Eine der Grundaufgaben der operativen Schiffsführung ist das sichere Manövrieren eines Schiffes unter allen möglichen Umgebungsbedingungen. Durch den Einsatz der Steuer- und Vortriebsorgane eines Schiffes soll ein gewünschter Zielort mit einem bestimmten Bewegungszustand erreicht werden. Der unbemerkte Ausfall von Teilen oder der gesamten Manövrier-einrichtung kann zu schwerwiegenden Gefährdungen und Unfallereignissen mit umfangreichen Schäden führen. 

Nach ersten, im Rahmen verschiedener InnoRegio-Projekte durch-geführten Analysen sind Störungen im Schiffsbetrieb mit ca. 40 [%] an Havarien oder Beinahehavarien (z.B. Notankerung) als Auslöser beteiligt. Von diesen Störungen im Schiffsbetrieb hat der Hauptmotor mit seinen Teilsystemen einen Anteil von ca. 64 [%] und die Ruderanlage von ca. 16 [%]. Dem nautischen Wachoffizier stehen gegenwärtig nur Teilinformationen über den sicherheits­relevanten technischen Zustand der Schiffsbetriebstechnik zur Verfügung. Es gibt keine prozess­bezogene Beratung über die Konsequenzen z.B. bei technisch bedingter, verlängerter Ruder­lege­zeiten oder nur eingeschränkt verfügbarer Maschinen- oder Ruderleistungen insbesondere auf das dynamische Verhalten des Schiffes.

In einer ersten Stufe soll die prozessbezogene Beratung der Schiffsführung Informationen, über solche Auswirkungen in geeigneter Form von Anzeigen bereitstellen. Darauf aufbauend sollen zukünftige Erweiterungen möglich sein, welche die automatisierte Generierung von Vorschlägen für Steuerstrategien (Manöversequenzen) bzw. bei entsprechenden Voraussetzungen später auch die teil- oder sogar vollautomatisierte Manöverdurchführung in Notsituationen (Aufstoppen vor Hindernissen, Ausweichen von Kollisionsgegnern, u.ä.) umfassen. 

Im Rahmen dieses Projektes wird der Versuch unternommen, durch die Entwicklung von Methoden und Verfahren für zustandsbasierte Manöverprädiktionen, im Sinne von zu erwartenden Bahn­verläufen, das bestehende sicherheitstechnische Defizit zu reduzieren. Im Rahmen des Projektes soll ein Softwaremodul für Manöveranzeigen durch Implementierung der entwickelten Verfahren in einer Software-Applikation hinsichtlich seiner Eignung, Zuverlässigkeit und Akzeptanz untersucht und getestet werden. Die zu konzipierende Beratungskomponente soll den Schiffsführer insbesondere über zu erwartende Änderungen im Fahrt- und Steuerungsverhalten informieren. Die Idee des verfolgten Lösungsansatzes besteht darin, dass aktuelle Messwerte zum Betriebszustand der Antriebs- und Steuerorgane bei der Vorhersage zukünftiger Bewegungs­zustände berücksichtigt werden.

Die wissenschaftlichen Arbeitsziele des hier beschriebenen Projektes sind:

·         die Entwicklung eines Verfahrens zur Vorausberechnung von Bewegungszuständen eines Schiffes auf der Grundlage aktueller Stellgrößenänderungen und –zustände 

·         die Entwicklung von Methoden zur Vorausanzeige zu erwartender Bewegungszustände eines Schiffes

·         die Konzipierung, der Aufbau und der Test eines mit einem Maschinen-Diagnosesystem gekoppelten Manöveranzeigesystems

Im wissenschaftlichen Bereich sollen im Rahmen dieses Projektes insbesondere neue Erkenntnisse hinsichtlich der Vorgehensweise und Methodik zur Verbesserung der Erfassung der am Schiffs­körper und an den Manövriereinrichtungen angreifenden Kräfte gewonnen werden. Dabei soll untersucht werden, ob die konventionellen Methoden und Verfahren zur Erfassung der Kräfte mittels vereinfachender Modifizierungen erweitert und verbessert werden können. Auf dieser Grundlage sollen Aussagen über Möglichkeiten zur Verbesserung der Simulationsgüte von Bewegungs­modellen gewonnen werden. Dabei soll auch das Wissen über Möglichkeiten zur Ausdehnung des Wertebereichs erweitert werden.

Mit den verfolgten wissenschaftlichen Arbeitszielen sollen weiterhin neue Erkenntnisse zur Methodik der Prädiktion komplex beeinflusster Bewegungen gewonnen und insbesondere Rück­schlüsse auf die Gewichtungen von Einflussparametern und Störgrößen gezogen werden.

Aus den experimentellen Untersuchungen werden Hinweise auf tragbare, weiter zu verfolgende bzw. gegebenenfalls nicht tragfähige oder sogar auszuschließende Lösungsansätze und -methoden erwartet. Diese Zielstellungen sind insbesondere für die zukünftige Ausrichtung einerseits in der Lehre und andererseits auch in der Forschung und technischen Entwicklung auf dem speziellen Anwendungsgebiet von On-line-Manöveranzeigen von großer Bedeutung.

Darüber hinaus werden Erkenntnisgewinne hinsichtlich der Integration neuer Kommunikations- und Informationstechnologien in der Seeschifffahrt erwartet. Aus wissen­schaftlicher Sicht wird unter diesem Aspekt insbesondere das Ziel verfolgt, potentielle Beiträge zur Systemoptimierung zu liefern, welche im Bereich der Aus- und Weiterbildung angewendet werden können. Es soll versucht werden, Aussagen zu potentiellen Maßnahmen zur Maximierung der positiven Effekte solcher Systeme auf die Schiffs- und Seetransport­sicherheit zu gewinnen.