NACOM

Navigationsunterstützung durch Integrierte Kommunikation

Masterfähiges System mit GPS-Maus

Im Rahmen des Forschungsprojektes waren folgende Aufgaben zu lösen:

  • Untersuchung der Machbarkeit der externen Navigationsunterstützung
  • Entwicklung von lokalen und globalen Systemstrukturen zur Navigationsunterstützung
  • Entwicklung eines Konzeptes für die selbstorganisierte Koordinierung mittels temporärer dezentraler Strukturen
  • Gewinnung von Aussagen zum notwendigen Datenmanagement und Integration der Anforderungen in bestehende Kommunikationssysteme (AIS)
  • Simulationstechnische Untersuchung zur Ablösung von Verkehrsinfrastruktur durch Telematikeinsatz

Förderer / Projektträger:

  • Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)
  • Deutsches Luft- und Raumfahrtzentrum e.V. (DLR) Bonn

Förderkennzeichen:
50NA9913

Projektdetails:
Laufzeit: 01.06.1999 – 30.06.2002

1. Derzeitiger Stand von Wissenschaft und Technik
In Landnähe existieren Verkehrssicherungsanlagen (VTS), die eine kontinuierliche Verkehrsbeobachtung, –überwachung und –unterstützung gewährleisten können. Z.Z. erfolgt die Erfassung und Beobachtung der Verkehrsteilnehmer mit Radartechnik. Die Verkehrsteilnehmer ab einer bestimmten Größe melden sich durch sprachliche Kommunikation über UKW-Sprechfunk in der Verkehrszentrale an. Wesentliche Informationen und Hinweise werden ebenfalls über diesen Weg ausgetauscht. Bei der Beobachtung des Verkehrsraumes geht es in erster Linie um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen (Einhaltung von Verkehrstrennungsgebieten, Wegerechte usw.). Direkte Navigationsunterstützung unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit ist nicht verfügbar. Mit der Einführung des Automatischen Schiffsidentifizierungssystems (AIS) besteht die technische Möglichkeit des automatischen, kooperativen Datentransfers zwischen Schiffen sowie zwischen Schiffen und Landstationen. Die Identifikation und Kommunikation technisch so ausgerüsteter Fahrzeuge wird durch AIS wesentlich erleichtert. Damit existieren zukünftig die technischen Möglichkeiten einer strategischen, koordinierenden Verkehrsführung. Im einem vorhergehenden Forschungsprojekt NADAKOS wurden Methoden zur strategischen und damit wirtschaftlicheren Verkehrsführung von einer landseitigen VTS-Zentrale entwickelt.

Auf offener See besteht ebenfalls die Notwendigkeit einer Navigationsunterstützung, um eine ökonomische Verkehrsführung zu erreichen. Aufgrund der begrenzten Reichweite von AIS ist für Bereiche der offenen See eine landseitige Unterstützung mit AIS nicht realisierbar. Die Schiff-Schiffkommunikation über AIS ermöglicht aber einen digitalen Datenaustausch untereinander, so dass die Voraussetzungen für eine externe Navigationsunterstützung ebenfalls vorhanden sind. Derzeitig beschränkt man sich nur auf die reine Darstellung der AIS-Daten im Radar oder in der elektronischen Seekarte. Entsprechende Auswertesysteme existieren noch nicht.

2. Begründung/Zielsetzung der Untersuchung
Aufgrund der begrenzten Reichweite von AIS ist mit der gegenwärtigen Technik eine Navigationsunterstützung nur von Land z.B. in VTS-Gebieten realisierbar. Für Gebiete ohne VTS oder auf offener See soll untersucht werden, ob ebenfalls eine Navigationsunterstützung durch externe Kommunikation möglich ist. Zur Erhöhung der Effizienz und der Wirtschaftlichkeit einer solchen externen Assistenz wird von einem koordinierenden Ansatz ausgegangen.

3. Methode
Eine lokal und zeitlich begrenzte telematische Überdeckung eines Seegebietes erreicht man durch die Ausrüstung der in diesem Gebiet befindlichen Schiffe mit AIS. Durch die Bildung von dezentralen Architekturen soll zeitweilig eine Navigationsunterstützung gewährleistet werden. Es sind Methoden für den Aufbau von temporären dezentralen Koordinierungsgebieten zu entwickeln. Dabei ist die Frage zu klären, welches Fahrzeug die Koordinierung übernehmen soll.

4. Ergebnis
Als Ergebnis der Forschungsarbeiten wurden Algorithmen und Kriterien für den Aufbau dezentraler Strukturen entwickelt und in einem Simulationsmodell getestet. Der Aufbau der lokalen und temporären dezentralen Koordinierungsgebiete (Netzwerke) wird durch die Selbstorganisation der Verkehrsteilnehmer in MASTER - SLAVE – Strukturen realisiert. Unter allen Teilnehmern wird das Fahrzeug (MASTER) mit den besten Koordinierungseigenschaften ausgewählt. Es führt dann die zeitweilige Navigationsunterstützung für eine bestimmte Gruppe von Fahrzeugen (SLAVES) durch.

Der Systemprozesses gliedert sich als ständig wiederkehrender Zyklus in vier Arbeitsschritte. Sie beinhalten die Erkennung von Konflikten, den Aufbau der erforderlichen Strukturen, die Lösung der entdeckten Konflikte und damit die Navigationsassistenz und den anschließenden Strukturzerfall.

Für die Realisierung dieser Arbeitsschritte wurden die notwendigen Anforderungen an das AIS - Nachrichtenmanagement (Nachrichteninhalt, Updateraten) sowie die telematische Ausstattung der Schiffe definiert. In Simulationen wurde die Funktionsweise nachgewiesen und für seeseitige Versuche wurde ein mobiler, masterfähiger Koordinierungsknoten entwickelten und getestet.
Anhand der nationalen und internationalen Konformitätstests sowie statistischer Untersuchungen wurde festgestellt, dass es bei hoher Kanalbelastung, hervorgerufen durch viele Teilnehmer in einem Gebiet, zu Datenverlusten kommen kann.

Zur Verhinderung dieser Datenverluste wurde ein modifiziertes STDMA-Verfahren entwickelt, mit dessen Hilfe es möglich ist, in selbstorganisierten Funknetzen das Auftreten sogenannter "HIDDEN-USER" und Paketkollisionen zu reduzieren. Hierbei wird der Sendezeitpunkt in Abhängigkeit von der geographischen Position gewählt.

5. Schlussfolgerung/Anwendungsmöglichkeiten
Die Ergebnisse können als Grundlage für die Bildung von temporären, selbstorganisierenden Netzwerken in anderen Bereichen (z.B. Luftfahrt, Mobilfunk, usw.) dienen. Des weiteren stellen die Ergebnisse eine Innovationsressource für neue Produkte der Firmen EADS und SAM dar. Durch Modifizierung und Ergänzung der AIS-Protokolle sowie der entwickelten Systemsoftware wäre eine technische Umsetzung zukünftig möglich.

Weiterführende Untersuchungen auf diesem Gebiet werden als sinnvoll und vielversprechend charakterisiert. Dazu kann die innerhalb des Projektes entwickelte Experimentierplattform genutzt werden, um vor dem Hintergrund des praktischen Einsatzes solcher Systeme die bisherigen F&E- Ergebnisse fortzuschreiben und der technischen Entwicklung auf diesem Gebiet neue Impulse zu geben. Damit ergeben sich Möglichkeiten, die Qualität der nachgelagerten Prozesse erheblich zu steigern und somit einen messbaren Sicherheitsgewinn und Komfortzuwachs in Bereichen der Schiffsführung zu erreichen.