ASMS

Advanced Sailing Management System using Galileo based Services (Landunterstützende Betriebsführung von Schiffen)

Die Verfügbarkeit von Galileo als eigenes satellitengestütztes Navigationssystem für Europa wird die entscheidende Infrastruktur sein, um Nutzerterminals und Galileo basierte Dienste zu entwickeln. Für den Seefahrtsbereich war es das Ziel dieses Vorhabens ein auf Galileo aufbauendes landseitiges Verkehrsunterstützungssystem für Bereiche mit hohem Verkehrsaufkommen zu entwickeln.

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Förderer / Projektträger:

  • Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie
  • Projektträger im DLR


Förderkennzeichen:
50NA0735

Projektpartner/Unterauftragnehmer:
DLR Institut für Kommunikation und Navigation (Standort Neustrelitz)

Projektdetails:
Laufzeit: 01.09.2007 – 31.10.2009

1. Derzeitiger Stand von Wissenschaft und Technik
Lokale und regionale Ergänzungssysteme sind seit Mitte der 90-iger ein praktizierter Lösungsansatz, um die GPS-basierte Ortung und Navigation genauer und zuverlässiger zu ermöglichen. Im maritimen Bereich wurde das IALA Beacon DGNSS durch die IALA entwickelt, um die von der IMO gestellten GNSS Genauigkeits- und Integritätsanforderungen für Küstenbereiche zu erfüllen.

Die Schiffsnavigationstechnik basiert auf integrierten Navigationssystemen, die in der Lage sind, ein Schiff automatisiert auf vorgeplanten Kursen und Bahnen (Tracks) zu führen. Die Schiffskommunikation erfolgt heute über Systeme zur sprachlichen, nonverbalen und Satellitentechnik. Die Übertragung von Zusatzinformationen zur Navigationsunterstützung ist damit vorhanden.

Navigationsdienste wurden zum Erreichen von Sicherheit und Leichtigkeit in der kommerziellen Seeschifffahrt eingerichtet und können durch aktive und passive Maßnahmen erweitert werden.

2. Zielsetzung
Das Gesamtziel des Vorhabens "Advanced Sailing Management System" (ASMS) bestand in der Entwicklung eines auf Galileo aufbauenden landseitigen Verkehrssteuerungssystems. Mit ihm sollen zukünftig maritime Verkehrsprozesse in Bereichen mit hohem Verkehrsaufkommen wirtschaftlich effizient, sicher und umweltschonend realisiert werden.

3. Methode
Das Vorhaben gliederte sich in die 3 wesentlichen Phasen Konzeptentwicklung, Entwicklung eines Demonstrators sowie deren experimentelle Validierung. Verschiedene Verfahren und Methoden der Verkehrsunterstützung wurden untersucht. Die untersuchten Algorithmen wurden in Softwarelösungen umgesetzt und in Laborversuchen getestet und durch Hardwarelösungen ergänzt. In mehreren Versuchsfahrten im Forschungshafen Rostock, im Testbett FINO 2 und in der Ostsee wurden Genauigkeitsuntersuchungen mit verschiedenen Sensorsystemen durchgeführt. Anhand von aufgezeichneten realen Verkehrsdaten und Schiffsdaten wurde das Systemkonzept experimentell validiert.

Im Unterauftrag durch das DLR, IKN Neustrelitz wurden Analysen zu existierenden und zukünftigen GNSS basierten Ortungsverfahren und lokalen Ergänzungssystemen in Bezug auf die Erreichbarkeit der von ASMS gestellten Genauigkeits- und Integritätsanforderungen ausgeführt, ein Konzept eines lokalen GNSS-Ergänzungssystems untersucht sowie ein ASMS-spezifisches, lokales Ergänzungssystem mit eigener Integritätsüberwachung entwickelt.

4. Ergebnis
Eine ASMS-Systemarchitektur, besteht aus den Elementen Control Segment, Remote Segment und Raum Segment, wurde entwickelt. Das Control Segment kann sowohl seeseitig (Schiff, Offshorestation) als auch landseitig installiert werden. Dementsprechend variiert das Überwachungs- und Assistenzgebiet. Es können mehrere Remote Segmente vorgehalten werden, so dass Monitoren und Remotezugriffe von verschiedenen Orten realisierbar sind.

Mittels eines seeseitigen Control Segments erfolgt eine zentrale Überwachung eines lokal begrenzten Gebietes außerhalb des UKW-Erfassungsbereiches einer Landstation mit dezentralen Zugriffsmöglichkeiten von einer landseitigen Remote-Station via Satellitenkommunikation. Die Aufgaben des Control Segments bestehen in der Beobachtung und Verkehrsdatenerfassung mittels AIS zur Erstellung eines lokalen Verkehrslagebildes, der Analyse und Bewertung von Verkehrssituationen nach vorab definierten Verkehrs- und Überwachungsregeln, der automatischen Generierung von Remote Control-Anweisungen für die Verkehrsteilnehmer zur gezielten Beeinflussung des Verkehrs bei Verletzung dieser Regeln und der Übermittlung der Anweisungen an die involvierten Verkehrsteilnehmer.

Die Realisierung der Navigationsassistenz mittels Remote Control erfolgte durch die Übertragung der Navigationsanweisungen über AIS-Binary-Messages sowie durch die Aussendung von automatisch generierten Sprachnachrichten via UKW Kanal 16. Die Unterstützung via Shore Based Pilotage von Land erfolgt über AIS-Safety Related Messages und UKW-Sprachnachrichten, wobei das Control Segment als offshoreseitiger Vermittlungsknoten zu den Verkehrsteilnehmern fungiert.

Zur Realisierung der automatischen Erzeugung und Aussendung von Sprachnachrichten mittels UKW auf dem Kanal 16 wurde eine "keep clear"-Hardware- und Softwarelösung erforscht, entwickelt und in Labor- und Feldtest validiert. Nachrichtenstrukturen und -inhalte wurden definiert. Zukünftig kann diese Lösung genutzt werden, um auf unbemannten Stationen Navigationsinformationen an Fahrzeuge im UKW-Erfassungsbereich auszusenden.

Ausgewählte satellitengestützte Bordsensorik, die in der Schifffahrt im Einsatz ist, wurde auf ihre Eigenschaften und Geeignetheit für Anwendungen in einem späteren ASMS-System untersucht. Hierbei wurde die Ziele der kontinuierlichen Verkehrsdatenerfassung, Identifizierung des Schiffsverkehrs und der Schiffsparameter hinsichtlich navigations¬relevanter Daten und ihrer Eigenschaften verfolgt. Ergebnis der experimentellen Validierung ist, dass die derzeitig verfügbare Technik noch nicht den Qualitätsanforderungen für ein zukünftiges ASMS entspricht. Parameter zur Qualitätsbewertung, zur vorausschauenden Fehleridentifizierung und Korrekturdaten der Bordsensorik sollten zukünftig verfügbar sein.

Es wurde ein Verfahren zur Referenzierung von Lageparametern für 3D-Schiffslagesysteme im Postprocessing entwickelt. Die in statischen Messungen ermittelten Referenzwerte der GPS-Lageparameter wurden zur Referenzierung der dynamischen Messungen genutzt. Der Einfluss der gaußverteilten Satellitenfehler bei der Berechnung der Roll- und Pitchwerte konnte verringert und eine Qualifizierung der Lageparameter ermöglicht werden. Es lassen sich Korrekturwerte D-ROLL und D-PITCH nach dem Differential–Verfahren ähnlich dem DGPS-Verfahren bereitstellen.

Das von der DLR im Unterauftrag entwickelte und für Phasenbasiertes-DGPS umgesetzte Integritäts¬monitoring¬konzept berücksichtigt, dass der Anwender durch Auswahl der bordseitig eingesetzten GNSS-Sensorik selbst darüber entscheidet, welche Satelliten¬navigations¬systeme mit welchen Diensten zur Positionsbestimmung genutzt werden. Das erfordert einerseits, dass das GBAS-Bodensegment verschiedene, voneinander unabhängige Dienste für eine P-DGNSS-basierte Positionsbestimmung anbieten muss. Die Bereitstellung der Ergänzungsdaten und Integritätsinformationen ist dabei durch eine Parallelprozessierung abgesichert.

Im Rahmen von ASMS wurde das Integritätsmonitoring für ein- und zweifrequenzbasierte P-DGPS-Verfahren auf der Grundlage der bereits in ALEGRO entwickelten Echtzeitprozessoren zur Bestimmung von Qualitätskenngrößen aufgebaut.

Mittels einer GBAS-Integritätsnachricht ist der Servicenutzer darüber zu informieren, welche Dienste spezifikationsgerecht arbeiten und welche Signale dafür genutzt werden sollten. Das DLR hat eine eigene RTCM3-Nachricht entwickelt und als RTCM 4083 bewilligt bekommen, die über P-DGNSS-bezogene Integritätsnachricht verfügt.

Es wurde der Nachweis der technischen Machbarkeit erbracht, dass mit Hilfe von phasenbasierten DGNSS-Verfahren auch Positionsgenauigkeiten im dm-Bereich im maritimen Anwendungssektor (Hafenbereiche) erreichbar sind, dass durch geeignete Integritätsmonitoringverfahren diese Verfahren zuverlässig genutzt werden können und dass das GBAS als ein Basiselement von Verkehrsmanagementsystemen geeignet ist, um system- und verfahrensspezifische Genauigkeits¬aussagen für GNSS-basierte und GBAS-gestützte Verkehrslageinformationen bereit zu stellen.

5. Schlussfolgerung/Anwendungsmöglichkeiten
Durch die Arbeit am Forschungsthema sowie die Zusammenarbeit mit dem Unterauftragnehmer DLR IKN Neustrelitz konnte die Zielstellung des Vorhabens, die Entwicklung eines auf Galileo aufbauenden landseitigen Verkehrssteuerungssystem – Advance Sailing Management System - im Remote Control- und Shore Based Pilotage - Bereich wesentlich vorangebracht werden.

Aus den Untersuchungsergebnisse des SIW und der DLR kann geschlussfolgert werden, dass die gegenwärtig im Einsatz befindlichen GNSS-Empfänger und darauf aufbauenden AIS-Geräte – obwohl sie den IMO-Standards und den SOLAS-Anforderungen entsprechen – noch nicht die Leistungsfähigkeit besitzen, um als Basissensoren für Verkehrsassistenz- bzw. Verkehrssteuerungssysteme genutzt zu werden. Als Ursachen dafür wird die noch offene und umfassende Lösung von bord- als auch serviceseitigen Integritätsfragestellungen gesehen. Diese umfassen z.B. die Spezifikation der im maritimen Verkehrssektor einzusetzenden Verfahren, die Funktionsverteilung zwischen Service und Endgeräten beim Integritätsmonitoring und die Realisierung dafür geeigneter Datenaustauschprozesse (z.B. AIS-Nachrichteninhalte).

Die Nutzung des im Rahmen von ASMS entwickelten Systemkonzeptes sowie der Methoden und Verfahren im Bereich Remote Control und Shore Based Pilotage wird mittel- und langfristig zu einer wesentlichen Verbesserung von Prozessen der Navigationsunterstützung sowie von Lotsprozessen beitragen. In Seegebieten mit hohem Verkehraufkommen wird dies zur Qualitätsverbesserung führen. Eine Lotsenunterstützung auch bei schwierigen Seebedingungen wird die Sicherheit und Leichtigkeit im Schiffsverkehr erhöhen. Neue Bezahldienste sowie Serviceleistungen können sich daraus entwickeln und den Schiffsführern angeboten werden. Der mit dem E-Navigation-Konzept verfolgte Ausbau der Satellitenkommunikation Land – Schiff wird weitere Unterstützungen der Schiffsführung wie im ASMS-Konzept untersucht, ermöglichen. Eine Verkehrsunterstützung auch für küstenferne Gebiete außerhalb der heutigen Vessel Traffic Service-Erfassungsgebiete wird damit langfristig realisierbar.