Bericht über die Seehafenexkursion nach Antwerpen 26. bis 28. März 2013

Foto: Containerterminal Antwerp Gateway

Neben dem Exkursionsleiter und Initiator Prof. Reise nahmen 15 Studierende an der Tour teil. Morgens um 6 Uhr ging es mit zwei Mietfahrzeugen los Richtung Belgien. Ohne Verkehrsprobleme erreichte die Gruppe am Mittag Duisburg. Dort wurde uns durch Herrn Bienek vom Duisburg Intermodal Terminal (DIT) ein Einblick in die Aufgaben und die Funktionsweise eines Kombiterminals am Rhein gegeben. Etwa zwei Stunden hielten wir uns dort auf, bevor wir mit den ersten Eindrücken nach Antwerpen weiterfuhren und die Stadt gegen 17 Uhr erreichten.

 

Dort angekommen wurden die Fahrzeuge in einer Tiefgarage geparkt und anschließend das Hotel bezogen (H). Das Ibis Budget Antwerp Centraal liegt in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs. Am Abend wurde auf eigene Faust die Stadt erkundet und zu Abend gegessen. Der Hauptbahnhof wird von den Antwerpenern „second cathedral“ bezeichnet und ist imposant. Spät am Abend erreichte der zweite Teil der Exkursionsgruppe Antwerpen. Dieser Teil bestand aus 17 Studierenden der Wirtschaftsuniversität Wien und Assoc. Prof. Schramm, einem langjährigen Freund des Exkursionsleiters.

 

Am Mittwoch ging es nach dem Frühstück um 8 Uhr mit einem Reisebus zum Hafencentrum Lillo. Dort begann unsere ganztägige Führung durch den Hafen. Wir erhielten orts- und fachkundige Begleitung durch zwei erfahrene Hafenarbeiter im Ruhestand. Nach einer kurzen Einführung im Besuchszentrum ging es los. Antwerpen liegt an der Schelde und ist über diesen Fluss mit der Nordsee verbunden. Der Hafen unterliegt dem Gezeiteneinfluss. Um sich von diesem unabhängig zu machen befinden sich die meisten Hafenanlagen in „Doks“, die nur durch Schleusen erreicht werden können. In Antwerpen wurden 2011 insgesamt 197 Millionen Tonnen Güter umgeschlagen, das sind ca. 60 Mio. t mehr als in Hamburg. Auf der Fahrt zum ersten Besuchspunkt erfuhren wir, dass die Gleislänge im Antwerpener Hafen 1/3 des gesamten belgischen Netzes ausmacht. Auch die traurigen Anlagen des vor kurzem geschlossenen Opel-Werkes sahen wir.

 

Der erste Stopp (1) führte uns zu einem Umschlagsterminal für Bananen und andere Südfrüchte (passend im Rostockweg gelegen). Die Früchte werden palettiert verschifft und entladen. In der Logistikhalle werden stichprobenartig Qualitätskontrollen durchgeführt, die Kisten kommissioniert und direkt auf LKW verladen. Es findet keine Lagerung statt, die LKW aus allen Ländern Europas müssen just in time bereitstehen.

Anschließend ging es zu einer Lagerhalle von Kakao (2). Molenbergnatie ist der Betreiber der Anlage, der neben Kakao auch mit Kaffee handelt. Kakao wird in Säcken zu 65kg in den Erzeugerländern abgepackt und auch in diesem Zustand in Antwerpen eingelagert. Wir waren beeindruckt von der großen Menge an Säcken und den hohen Stapeln (ca. 10m hoch) durch die wir umhergingen. Ein spannender Geruch umgab uns. Raymond van Dyk, unser Guide, erläuterte die verschiedenen Qualitäten von Kakao und die teilweise unzuverlässigen Produktionsbedingungen in Bürgerkriegsländern Westafrikas.

 

Danach fuhren wir weiter auf den Vrieskaai am Albertdok (3). Dort konnten wir beobachten, wie Stahlplatten und Transformatorenhäuser verladen wurden. Unsere Begleiter erläuterten uns, welche Bedeutung in diesem Zusammenhang ein „All weather terminal“ hat und wie dies erst zur Abwanderung, aber anschließend zur Rückkehr eines finnischen Kunden führte.

Weiter ging es anschließend über die Straße Scheldelaan an vielen petrochemischen Industrien vorbei zurück zum Hafencentrum. Allerdings musste die Schleusung eines Kreuzfahrtschiffes abgewartet werden, so dass wir an der Schleuse den Bus verließen und die Schleusung beobachten konnten.

 

Im Hafencentrum machten wir eine Pause und aßen reichlich zu Mittag. Danach ging es auf die andere Seite auf das linke Scheldeufer. Dazu musste der mautpflichtige Liefkenshoektunnel passiert werden. Er stellt die einzige Mautstrecke in Belgien dar und seine Einnahmen dienen der Infrastrukturfinanzierung des Hafens.

 

Unsere erste Station am Nachmittag war ein Kühlzentrum für Lebensmittel (4). In mächtigen Fässern, die sehr wie Ölfässer aussahen, wurde Honig gelagert. Der Honig stammt überwiegend aus China und Argentinien. Besonders aufregend war der Besuch der Frostzelle bei -27°C. Tiefgekühlte Meeresfrüchte aus aller Herren Länder lagern hier und warten auf den Transport zum Verkauf. Lange hielten wir es in der Kälte nicht aus und fuhren weiter zum Containerterminal Antwerp Gateway am Deurganckdok (5). Dieser Terminal ist als einziger in Antwerpen mit automatischen Lagerkränen ausgestattet. Von einem View Point aus konnte die Einfahrt und das Geschehen auf dem Terminal beobachtet werden. Unsere Guide erklärten, dass einige Dörfer dem Platzbedarf des Hafens weichen mussten. Das letzte verbleibende Dorf Doel hat noch ca. elf Einwohner.

 

Weiter ging es zur Baustelle einer neuen Schleuse, welche in ihren Abmessungen sogar die neuen Schleusen am Panamakanal übertreffen wird (6).

Zwei weitere Punkte standen noch auf dem Programm. Als nächstes steuerten wir ein Autoterminal an (7). Über Antwerpen werden überwiegend Gebrauchtfahrzeuge verschifft, aber auch Neuwagen eines italienischen Herstellers aus Turin (der in Polen produziert). Große ConRo-Schiffe lagen im Verrebroekdok. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten den Beladeprozess von verschiedensten rollenden Einheiten in Augenschein nehmen. Einheiten werden sogar mit der Bahn direkt auf den Terminal.

 

Der letzte Halt führte unser zur Umschlagshalle der Van Moer Rail nv (8). Hier werden Papierrollen und Stahlcoils gelagert und umgeschlagen. Mit Interesse und großer Obacht ging die Gruppe durch die großen Hallen und beobachtete das emsige Treiben von LKW, Staplern aller Art und Menschen. Es ist dort nicht ganz ungefährlich. Bei einer fallenden Papierrolle mit mehr als 2t Gewicht hilft auch ein Helm nicht mehr.

Langsam ermüdet von den zahlreichen Eindrücken setzten wir die beiden Guides am Hafencentrum wieder ab und der Bus brachte uns zurück ins Hotel. Der Abend stand den Teilnehmern aus Warnemünde und Wien zur freien Verfügung.

 

Der Donnerstag stand im Zeichen der maritimen Wissenschaft. Am frühen Nachmittag lud die Universität Antwerpen zu einem internationalen Meeting ein. Vier Vorträge wurden gehalten und intensiv diskutiert:

 

  • Dr. Christa Sys: Economies of Scale in container shipping in respect to the impact of 18.000 TEU vessels
  • Prof. Vanelslander: Strategies for port development on the example of the port of Ghent
  • Prof. Reise: Two level design for the landside of automated terminals
  • Assoc. Prof. Schramm: Pricing behavior of liner shipping companies on the Far-East trade lane before and after abolishment of the liner shipping conferences

 

Im Anschluss an die Veranstaltung fuhr die Exkursionsgruppe aus Warnemünde direkt nach Hause und erreichte Rostock gegen ein Uhr nachts. Auch wenn die Exkursion anstrengend war, so fielen die Teilnehmer nicht in den Schlaf, sondern diskutierten vielmehr über die Eindrücke und Erlebnisse. Alle sind sich einig, dass die Exkursion als voller Erfolg gewertet wird und dringend zur Nachahmung und Wiederholung empfohlen wird. Das Programm war abwechslungsreich und hochgradig interessant.

 

Die Exkursion wurde organisiert und geleitet von Prof. Dr. Sönke Reise, der die Studienrichtung „Verkehrsbetrieb/Logistik“ inhaltlich ausgestaltet.

von Prof. Dr. Sönke Reise


Zurück zu allen Meldungen